Wenn zwischen Dreikönig und Aschermittwoch die Maschger wieder durch Neustift ziehen, geht es rund in der Wirtsstuben. Es wird aufg‘spielt, getanzt und geplattelt. Gilt es doch in der Fasnacht dafür zu sorgen, dass der Winter dem Frühling Platz macht, damit die Ernte im Tal gut und reichlich ausfällt.
Der Begriff "Maschgerer" stammt aus dem Tiroler Dialekt und bezeichnet Personen, die sich während der Faschingszeit verkleiden und maskieren, um traditionelle Bräuche aufzuführen oder an Faschingsumzügen teilzunehmen. Das Wort leitet sich vom mittelhochdeutschen Begriff "maske" bzw. dem italienischen "maschera" ab, was Maske oder Verkleidung bedeutet. Im Tiroler Sprachgebrauch entwickelte sich daraus der Begriff "Maschger" bzw. "Maschgerer", der speziell die Träger von Masken und Kostümen beschreibt.
Die Maschger (auch Matschgerer oder Muller genannt) haben in Tirol eine jahrhundertelange Tradition. Verkleidete Figuren, oft mit kunstvoll geschnitzten Holzmasken, ziehen durch die Dörfer, tanzen, spielen Szenen oder treiben humorvolle Späße mit den Zuschauern. Jede Figur – vom kraftvollen „Bären“ bis zum schelmischen „Zottler“ – hat dabei ihre eigene Bedeutung und Geschichte.
Wer das Stubaital zur Faschingszeit besucht, sollte sich dieses lebendige Spektakel nicht entgehen lassen – es ist ein Stück gelebtes Kulturerbe, das die Region auf unvergleichliche Weise prägt.
Am 9. Jänner 2025 war es wieder so weit. In einer pompösen Zeremonie wurde der Naz ausgegraben und im Stubaital hat die fünfte Jahreszeit – die Fasnacht – begonnen. Bis Faschingsdienstag ziehen jetzt Klötzler, Bären, Hexen, Weiße, Spiegeltuxer, Melcher, Tschaggeler, Zottler und das Stubaier Paarl tanzend und schuhplattelnd durch die Gaststuben und Restaurants von Neustift. Es ist gar nicht so leicht vorherzusagen, was passiert, wenn die Maschger kommen. Turbulent und lustig wird es auf jeden Fall. Also, nehmen Sie es gelassen, wenn Sie einen Schlag auf die Schulter abbekommen. Es ist eine Ehre und der Schmerz wird sofort mit einem Schnapserl gelindert. Wenn Sie ein Bär umarmt, keine Bange, der Bärentreiber wird ihn schnell wieder einfangen. Und die Hexen? Ja, auch die können ganz schön frech werden.
Die Maschger (auch Matschgerer oder Muller genannt) sollen den Winter vertreiben und für ein fruchtbares Jahr sorgen. Im Stubai wird einer guten Ernte allerdings erst seit 1978 mit Tanzen und viel Musik auf die Sprünge geholfen. Anfangs zogen zur Fasnacht gerade einmal vier Hexen durch Neustift. Aber die Gruppe wuchs und 1983 gründete sich die „Brauchtumsgruppe Neustift-Milders“. In seiner alten Form wurde der Verein 2000 aufgelöst und formierte sich 2003 neu. Letzten Winter feiert die „Brauchtumsgruppe Neustift“ ihr 40-Jahr-Jubiläum.
Walter ist Obmann der Brauchtumsgruppe Neustift mit mehr als 50 Mitgliedern, die zwischen dem 6. Januar, dem Dreikönigs-Tag, und dem Aschermittwoch mit kunstvoll hingeschnitzten Masken – auch Larven genannt – das Ende des Winters bei vielen Aufführungen herauf beschwören.
„Fünfzehn unserer Mitglieder sind sogar Kinder. Bei uns kann man mit jedem Alter einsteigen, die Jüngsten waren erst drei Jahre alt, als sie das erste Mal in ihre „Rolle“ schlüpften. Das zeigt, dass das „Maschger gian“ bei allen Generation beliebt ist“, zeigt sich Walter begeistert.
Auch wenn die Tradition im Stubai noch recht jung ist, begeistern die Maschger Einheimische und Gäste gleichermaßen. Fast 70 Mitglieder im Alter von fünf bis 85 Jahren hat die Brauchtumsgruppe Neustift – und es sollen noch mehr werden. „Eine eigene Jugendgruppe wäre schön“, meint Martin Stern. Seit 2021 ist er Obmann der Brauchtumsgruppe Neustift. Schon als Kind hat ihn das „Maschger-Fieber“ gepackt und bis heute nicht losgelassen: „Maschgergehn ist etwas ganz Besonderes. Ich kann es nicht erklären. Man hat es – oder man hat es nicht. Aber jeder fiebert auf die Zeit hin, bis es wieder losgeht.“ Traditionell ist in Tirol das Maschgergehn Männersache, aber ohne Frauen läuft auch hier nichts. „Sie helfen uns bei den Vorbereitungen und nähen die Kostüme“, ist Martin froh über die Unterstützung. Das Gewand der Maschger ist eine heikle Sache. „Es ist wie eine Tracht, da ist jedes Detail wichtig“, so der Obmann.
Vielleicht hat es im ersten Moment ja nicht den Anschein, aber die Aufführungen der Maschger folgen einem festgelegten Ritus, bei dem jede Bewegung, jeder Tanz, jede Geste ihre Bedeutung hat. Der Ziehharmonikaspieler geht an der Spitze des Zuges und stimmt mit seiner Steirischen Harmonika einen Walzer an. Die Klötzler sorgen mit ihren Gwand aus kleinen Holzschindeln für viel Krawall und Aufmerksamkeit bei den Zuschauer. Ihnen folgen die Bärentreiber, die so ihre Mühe haben, die Bären zum Tanzen zu bringen. Anschließend kommen die Hexen. Mit ihren Besen, die schon auch mal über die Schuhe der Zuschauer fegen, machen sie den Weg für die vier Jahreszeiten frei.
„Eine Besonderheit ist das ‚Alt Stubaier Paarl‘. Es ist die jüngste Figur in unserer Fasnacht und stellt ein Stubaier Gastwirts- und Bauernpaar in der schönen Stubaier Tracht dar. Seine Aufgabe ist es, den Melchern und Tuxern das Platteln und Maschgern näherzubringen. Mit kurzen Tänzen und Ausschnitten aus dem Figurentanz gehören sie seit 2019 fix zu unseren Auftritten“, erklärt Martin und zeigt damit, dass sich Brauchtum auch immer wieder verändert und weiterentwickelt. Stampfend tanzen anschließend die Weißen, Spiegeltuxer und Melcher sowie Tschaggeler und Zottler in den Saal. Die Weißen stellen den Frühling dar. Mit dem Sprung über ihre Weidenrute sollen die Frühlingsgeister geweckt werden. Höhepunkt ist ein Plattler der Spiegeltuxer und Melcher. Sie sind die Hauptfiguren der Fasnacht und repräsentieren den Sommer. Auf den bunten Gewändern der Tschaggeler finden sich die Farben des Herbstes. Die Zottler machen den Abschluss. Die grimmigen Masken und die dichten Gewänder symbolisieren den langen, harten Winter im Stubaital.
Eine extra große Portion Glück, Gesundheit, Erfolg oder sogar Fruchtbarkeit gefällig? Der Schlag, mehr ein starkes Klopfen auf die Schulter, ist bei Gott nicht als Angriff oder Negatives zu verstehen. Ganz im Gegenteil, wenn die Muller und Matschger einen Schlag (gerne gepaart mit einem feurigen Schnapserl) verteilen, darf man sich über besonders im viel Glück und sogar reichen Kindersegen freuen. Die Jüngsten hingegen werden mit Gschlecke (Süßigkeiten) reich beschenkt.
Weitere Aufführungen und Termine der Brauchtumsgruppe Neustift finden Sie hier.
Fotos: Brauchtumsgruppe Neustift