Wer eine schöne Krippe zu Hause hat, der hat nicht bloß ein Accessoire für die Wohnung oder einen Deko-Gegenstand herumstehen, er besitzt ein wertvolles Stück Kunst.
Nicht umsonst galten Krippen mit geschnitzten und bemalten Figuren, kunstvollen Aufbauten und gemäldeartigen Hintergründen lange Zeit als Statussymbole, die sich nur die wohlhabendsten Leute leisten konnten. Und wer eine schöne Krippe besaß, hat die auch so schnell nicht mehr hergegeben, sondern meist weiter vererbt. Hergezeigt hat man sie aber umso lieber. Oft sind Nachbarn, Freunde, Verwandte und Bekannte eingeladen worden oder von Haus zu Haus gezogen um sich die schönsten und tollsten Krippen zeigen zu lassen. Das „Krippele schaugn“, bei dem dann auch das ein oder andere Schnapsln getrunken worden ist, ward geboren. Obwohl dieser Brauch im Stubai etwas zurückgegangen ist, gibt es immer noch einige Privathäuser, die wunderschöne Krippen besitzen und Jahr für Jahr in ihren Stuben aufstellen.
Da ich mich ja nun schon seit längerem mit Krippen beschäftige und auch für den Blog schon einige Male darüber geschrieben habe, habe ich einen Geheimtipp bekommen bzw. einen Hinweis auf jemanden, der eine besonders schöne Krippe besitzt, die ich mir unbedingt anschauen soll. So bin ich zu Leo Mair, vulgo „Grotter“, gekommen und ein paar Tage nach Weihnachten – vorher wird die Krippe nicht aufgestellt – habe ich ihn dann schließlich besuchen dürfen.
Schon am Eingang seines 400 Jahre alten Bauernhauses hat er mich begrüßt und sofort in seine gemütliche Zirbenstube geführt. Nicht nur ich habe mich in dem vom Kachelofen gut geheizten Raum wohl gefühlt. Auch Leo’s Frau, ihre Schwiegertochter, Tochter und Enkelkinder sind bereits zusammengesessen, haben gelacht und Karten gespielt. Als erstes ist mir aber dennoch, etwas seitlich versetzt vom großen Stubentisch, die Hauptattraktion des Hauses ins Auge gesprungen – die Grotter-Krippe.
Eine mit zahlreichen Figuren und Schafen gesäumte Krippe, die schon stolze 120 Jahre auf dem Buckel hat, nimmt einen Großteil des Raumes ein. Der Aufbau beginnt am 23. Dezember und am 24. Dezember werden dann die Figuren – nach jahrzehntelang gleich gebliebenen Vorgaben, versteht sich – noch eingesetzt. Auch wenn die Kinder und Enkelkinder gerne mithelfen, so dauert diese Prozedur trotzdem nochmal fast den ganzen Tag. Sie lohnt sich aber: Bei der barocken Darstellung von Jesu Geburt, erkennt man, bei genauerer Betrachtung, liebevoll ausgearbeitete Details und Szenerien. Da ist der Hirte, der erst aufgeweckt werden muss, um die frohe Botschaft nicht zu verschlafen oder Kinder, die von einem Engel zum Stall gelotst werden, vor dem sich bereits weitere Engel und Hirten im Spalier stehend versammelt haben. „Hier zeigen wir die Szene von der Ankunft des Christuskindes. Die Hirten haben ihre Gaben bereits vor Jesus und seinen Eltern ausgebreitet: Butter, Brot, Mehl, Salz, ein Schaf – halt alles was die damals so hatten“, erzählt mir Leo mit einem Lächeln.
<script id="su_image_carousel_656662f4f422c_script">if(window.SUImageCarousel){setTimeout(function() {window.SUImageCarousel.initGallery(document.getElementById("su_image_carousel_656662f4f422c"))}, 0);}var su_image_carousel_656662f4f422c_script=document.getElementById("su_image_carousel_656662f4f422c_script");if(su_image_carousel_656662f4f422c_script){su_image_carousel_656662f4f422c_script.parentNode.removeChild(su_image_carousel_656662f4f422c_script);}</script>
Wie viele Figuren es insgesamt sind, kann mir keiner so genau sagen. Es sind aber zwischen 160 und 200 Stück Schafe und mindestens genauso viele Figuren, die von verschiedenen Krippenmeistern geschnitzt wurden. Gefasst, also bemalen, wurden sie fast alle ab ca. 1920 von einem gewissen Brugger. Der Stall, die Häuser und der Berg stammen aus Inzing und der Hintergrund wurde von einem Stubaier Künstler gemalt – eine durch und durch tirolerische Krippe, kann man sagen. Noch heute holen sich Schnitzer, wie etwa Stefan Lanthaler, auch gerne noch die eine oder andere Inspiration.
Die Figuren bleiben nicht die ganze Zeit über gleich stehen – zumindest nicht alle. „Wir bauen die Krippe regelmäßig um und zeigen verschiedene Darstellungen. Ums neue Jahr herum wird der Einzug der Reiter aufgebaut, zum Heiligen-Drei-Königstag wird dann der Besuch der Könige hergerichtet und zu guter Letzt, also bevor wir die Krippe Mitte Januar wieder abbauen, zeigen wir noch die Flucht nach Ägypten“, schildert Leo mir die Entwicklung seiner Krippe und erzählt mir noch von einer Fastenkrippe, die die Familie zu gegebener Zeit ebenfalls ausstellt.