Die Kunst des Eindeckens

Kulinarik | Outdoor | Sommer | Winter
24.06.2016
Erstellt von Sabrina Kostner - Quelle: stubai.at/blog

Eindecken! Ja, passt, also den Tisch aufdecken. Wie, nicht den Tisch? Die Hütten, Almen und Bergrestaurants? Alle mit Besteck? Nein, mit was dann? Ich sehe hier kommen wir nicht weiter…Dieser Blogbeitrag erzählt eine Geschichte von kleinen Missverständnissen und großen Herausforderungen.

Während meiner Ausbildung habe ich gelernt, wie korrektes Eindecken funktioniert. Vorspeisengabel rechts, Vorspeisenmesser links, Suppenlöffel rechts, Hauptspeisengabel rechts und so weiter und so fort. Man setze das Wasserglas leicht versetzt neben das Weinglas und wieder so weiter und so fort. Knigge, also ganz korrekt gesagt Freiherr Adolph Franz Friedrich Ludwig Knigge, Verfasser des weltweit wohl renommiertesten Benimmratgeber, sagt zusätzlich, dass das Eindecken klassischer Weise mit einem weißen Tischtuch erfolgt. So weit so gut! Ist zwar grundsätzlich richtig, nicht aber wenn man von einem anderen „Eindecken“ spricht.

Und um eine andere Art des „Eindeckens“ sollte es in diesem Beitrag ja auch gehen. Ich schlage den Duden auf und finde sofort mehrere Definitionen: …Dachstroh – zum Eindecken von Dächern verwendetes Stroh….Eindeckung – etwas, womit eingedeckt wird. Wir kommen der Sache schon näher. Die Synonymsuche bringt endgültig Licht in das Dunkel: …bunkern – in großer Menge ansammeln, aufbewahren…häufen – in größerer Menge sammeln.

Jetzt ist es klar, beim Beitrag „Eindecken“ der Hütten, Almen und Bergrestaurants geht es darum, wie diese sich mit Vorräten versehen. Auf Grund ihrer oftmals abgeschiedenen Lage in großer Höhe, liegt der nächste Supermarkt natürlich nicht gerade um die Ecke. Hier muss im Vorfeld gut geplant und exakt kalkuliert werden, immerhin müssen die Hüttenwirte und Restaurantbetreiber sich mit dem Grundbestand an Lebensmittel versorgen. Trockenware und Gewürze werden in großen Mengen am Beginn der jeweiligen Saison eingelagert. Und weil im Stubaital mehr oder weniger das ganze Jahr Saison ist, gibt es so etwas wie den klassischen Eindecktermin im Sommer bzw. Winter nicht. Das Eindecken variiert. Wo sich das Eindecken allerdings gleicht, ist bei der Herausforderung des Transportes.

Nur den wenigsten LKWs und Transportern ist es möglich direkt zu den Hütten, Almen und Bergrestaurants zu fahren. Was für den Hüttenwirt oft eine Schwierigkeit darstellt, ist jedoch ein großer Segen zugleich. Keine asphaltierten Straßen, Naturidylle pur!

Doch wie genau decken sich – aufsteigend nach Waghalsigkeit und Spektakularität – nun die einzelnen Versorgungsbetriebe ein?

1)         Mit der Gondel

Über die neue 3S Bahn die im Herbst ihren Betrieb aufnehmen wird, freuen sich nicht nur die Gäste des Stubaier Gletschers, auch die Mitarbeiter wissen um die Vorteile, die die neue Bahn mit sich bringt. Der Transport der Lebensmittel wird effizienter. Schneller als in den letzten Jahren kommen die Produkte hoch hinauf in die Gletscherwelt. Und schnellere Anlieferung bedeutet auch die einfachere Sicherung der Kühlkette mit anschließender korrekter Lagerung. Anders als im Tal wo man darauf achten muss, dass die Lieferung kühl genug bleibt, stehen die Mitarbeiter am Stubaier Gletscher vor einer ganz anderen Herausforderung, hier muss man so schnell sein, dass bei den oftmals extrem tiefen Temperaturen keine Lebensmittel einfrieren, die nicht einfrieren dürfen. Täglich bis 07:30 Uhr in der Früh, noch bevor der Gästebetrieb einsetzt, werden die Lebensmittel transportiert. Das rege Treiben am Morgen sorgt dafür, dass kulinarische Wünsche aller Stubaier Gletscher Besucher erfüllt werden. Bei der Verladung und Verteilung an den einzelnen Stationen ist zu dieser Zeit knapp die Hälfte der Mitarbeiter der Abteilungen Bahn und Gastronomie beschäftigt. Über das Jahr gesehen werden so zig Tonnen Lebensmittel transportiert. Am beeindruckendsten ist sicherlich die Zahl von knapp 30.000 Germknödel die per Gondel auf den Stubaier Gletscher gelangen. Logistisch gesehen, ist es immer wieder eine Herausforderung solche Mengen zu stemmen.

Auch in der Schlick freut man sich über die verhältnismäßig einfache Anlieferung der Lebensmittel, denn auch hier macht’s die Gondel möglich. Das Panorama Restaurant Kreuzjochwird fünf Mal pro Woche beliefert. Wie beim Stubaier Gletscher bringen die LKWs die Produkte bis zur Talstation und dann „gondeln“ diese weiter bis zur Bergstation, wo die Mitarbeiter der Bahnen für die rasche Verteilung und entsprechend fachmännische Einlagerung sorgen.

Dieses Model greift in der Schlick hauptsächlich für die verderbliche Ware. Schon im Oktober wird hier für den Winter groß eingedeckt. Dann werden mit dem LKW alle haltbaren Lebensmittel und Getränke direkt bis aufs Kreuzjoch gebracht. Es gibt nämlich einen Fahrweg nach oben. Dieser ist jedoch teilweise sehr steil und ausgesetzt, sodass man wirklich maximal nur einmal im Jahr mit einem so großen Transportfahrzeug dort hochfahren möchte. Am Kreuzjoch ist vor allem eines wichtig, dass immer genügend Zutaten für die Verkaufsklassiker Kaiserschmarrenund Knödel vor Ort sind.

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2)         Mit dem Ratrak

Zurück zum Stubaier Gletscher. An der Bergstation endet die Warenanreise meist noch nicht. Das Restaurant Jochdohle oder auch die Bödele Hütte liegen nicht direkt an den Bergstationen der Gondelnbahnen. Hier heißt es dann, bitte noch einmal verladen und los geht’s. Für die letzte Etappe durch den Schnee kommt der Ratrak zum Einsatz. So manche Karotte wundert sich hier sicherlich, wie sie überhaupt in solch ein Gefährt gelangt ist ;). Die Mitarbeiter der Stubaier Gletscherbahn sind auch hier wieder sehr zeitig dran. Noch bevor der erste Skifahrer seine Schwünge zieht, erreichen alle Lebensmittel ihren Bestimmungsort und werden direkt von den Köchen zu wahren Schmankerln verarbeitet.

Auch im Skigebiet Schlick 2000 kommt im Winter der Ratrak für die Zulieferung der frischen Lebensmittel zum Einsatz. Die Sennjochhütte beispielsweise wird vor dem Winter mit der gut haltbaren Ware eingedeckt und dann mehrmals die Woche von der Schlickeralmaus mit dem Personal-Ratrak mit den frischen Produkten beliefert.

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3)         Mit dem Ski

Es ist wohl die seltenste Form des Transportes aber am Stubaier Gletscher erfolgt die Anlieferung ab und zu sogar per Ski. Vor allem Semmeln und Brot kommen auf diesem Wege ganz rasch in die Bödele Hütte.

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4)         Mit der Materialseilbahn bzw. mit der Materialseilwinde

Eine weit verbreitete Art der Hüttenversorgung im Stubaital ist nach wie vor noch jene mit einer Materialseilbahn. Im Gegensatz zu früher sind es heute allerdings keine aus Holz gebauten Kisten mehr, die mit einem alten Mercedes Motor angetrieben werden. Die Hütten werden mit modernen Aufzügen versorgt. Diese können auch Personen transportieren, was aber absolute Schwindelfreiheit voraussetzt.

Die Hütten am Stubaier Höhenweg werden bis auf zwei Ausnahmen alle mittels Materialseilbahn beliefert. Je nach Modell und Ausführung werden zwischen 150 und 250 Kilo auf einmal transportiert. Mit den Materialseilbahnen führen oftmals über sehr große Strecken  entlang steiler Hänge und tiefer Schluchten.

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5)         Mit dem Hubschrauber

So manche Hütte ist dem Himmel ganz nah, was natürlich eine entsprechende Höhenlage mit sich bringt. Am bekanntesten sind das Becherhaus auf 3.200 Metern Seehöhe sowie die benachbarte Müllerhütte. Beide liegen am Übeltalferner, dem größten zusammenhängenden Gletscher der Ostalpen. Nicht weniger spektakulär ist aber auch die Hochstubaihütte, die an der Grenze zwischen dem Ötztal und dem Stubaital auf der Wildkarspitze liegt. Diese Hütten sind in ihrer Lage so exponiert, dass nicht einmal der Bau einer Materialseilbahn möglich ist.

Somit bleibt hier nur die Belieferung aus der Luft. Auf dieser Seehöhe ist die Luft allerdings schon sehr dünn, sodass der Hubschrauber nur geringes Gewicht transportieren kann. Wenn man einmal Gast in diesen „Wolkenschlössern“ war, weiß man, dass es auf diesen Hütten keine Speisekarte gibt. Zum Abendessen bekommt jeder Bergfreund dasselbe schmackhafte Menü, denn alles andere wäre logistisch einfach nicht machbar. Auf dem Becherhaus zum Beispiel kommt der Hubschrauber nur alle vier Wochen um die Hütte mit Waren zu beliefern. Dazu muss extra der Balkon auf der Terrasse abgebaut werden und das Absetzen der Ladung erfordert vom Piloten ein ruhiges Händchen. Es ist immer wieder ein Spektakel, wenn die Lieferungen eintreffen, da die Waren sofort verräumt werden müssen, um Platz für die nächste Ladung zu schaffen. Der Hubschrauber kommt schließlich in ein paar Minuten zurück. Der Hubschraubertransport an sich ist natürlich auch alles andere als billig.

An dieser Stelle gehört den engagierten Hüttenwirten ein großes Kompliment ausgesprochen. Trotz der Schwierigkeit der Bewirtschaftung einer so abgelegenen Hütte, ermöglichen sie ihren Gästen einen sehr komfortablen Aufenthalt. Da bezahlt man selbstverständlich gerne für sein wohlverdientes Bier nach dem Aufstieg ein bisschen mehr.

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