Palmbuschen oder auch Palmlatten genannt, sind traditionelle Palmzweige, die in Tirol und anderen Teilen Österreichs am Palmsonntag verwendet werden. Sie werden aus verschiedenen Pflanzen, wie etwa Buchsbaum, Weiden oder Föhren, geflochten und mit bunten Bändern verziert. Diese Palmbuschen/Palmlatten werden dann am Palmsonntag in Prozessionen durch die Dörfer getragen oder vor den Häusern aufgestellt, um den Einzug Jesu in Jerusalem zu symbolisieren. Es ist ein Brauch, der besonders in ländlichen Gegenden Tirols gepflegt wird und eng mit dem kirchlichen Feiertag verbunden ist.
Der Palmsonntag ist in Tirol, und somit auch im Stubaital, einer der bedeutendsten katholischen Feiertage. Es wird dabei an den Einzugs Jesus in Jerusalem gedacht und dieser schicksalshafte Tag wird auch heute noch flächendeckend hochgehalten – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Nämlich dann, wenn Dorfbewohner aller Generationen sich mit langen, bunt dekorierten Stangen, an deren Enden Palmbuschen befestigt sind, versammeln und damit in die Kirche einziehen, um eine Messe zu feiern.
Die sogenannten Palmbuschen werden von Hand gefertigt und können, je nach Region, unterschiedliche Ausprägungen annehmen. Wie die Palmbuschen richtig gebunden werden, habe ich mir von einem Freund mal zeigen lassen. Im Stubaital sagen wir zu den Palmbuschen, Palmlatten.
Wir haben uns am Samstag vor dem Palmsonntag in Telfes getroffen und sind erst mal gemeinsam mit unseren Kindern und den Frauen in den nahegelegenen Wald gegangen, um dort die Materialien, die wir zum Anfertigen unserer Palmlattenbenötigten, zu besorgen. „Mitnehmen musst du nur eine Holzstange, Ölzweige und Krepp-Papier. Alles andere finden wir im Wald“, hat er mich am Vortag schon telefonisch wissen lassen.
Bewaffnet mit Gartenscheren, Körben und Taschen machten wir uns also auf und begannen als erstes den „Hoadach“, wie die Blüten des Heidekrauts Erika mundartlich genannt werden, abzuschneiden. Als wir davon eine beachtliche Menge beisammenhatten, ging es weiter mit dem Sammeln der „Kranewitten“ – den Zweigen der Wacholderbeer-Stauden (Achtung stachelig!). Dann holten wir uns noch jede Menge Buchs-Büschel und kehrten voll bepackt zurück in seinen Garten, wo die Palmlatten schließlich gebunden werden sollten. Unweit des Hauses schnitten wir zuvor aber noch ein paar Zweige des wichtigsten Materials – dem Palmkätzchen – von einem Baum und dann legten wir los.
Auf die Frage, wie wir denn das Binden angehen, antwortete mir mein Freund, der das Palmlattenbinden von seinem Großvater gelernt hat: „Die Palmbuschen werden ganz unterschiedlich gebunden, teilweise variiert das sogar von Ortschaft zu Ortschaft. Die einen machen sie etwas buschiger und nehmen viele verschiedene Gewächse, die anderen – so wie wir – binden sie etwas schlanker und nehmen nur Ölzweige, Palmkätzchen, Kranewitten, Hoadach (Erika) und Buchs.“ Aus Ermangelung an genügend Material hat er aber später dann beim Binden doch auch noch etwas Eibe und Thuje untergemischt ;-).
Beim Binden der Latte wird zuerst ein Metall-Draht mit einem kleinen Nagel unterhalb der Spitze der Holzstange befestigt. Dadurch kann man die Zweige dann mit dem Draht immer wieder umwickeln und gut festziehen. Begonnen wird mit den Ölzweigen und den Palmkätzchen. Sie bilden die Spitze der Latte. Dann kommen die stacheligen Kranewitten an die Reihe. Sicherheitshalber haben wir uns für diesen Arbeitsschritt dicke Bauhandschuhe angezogen. Danach noch Buchs sowie die schön violett-rosafarbenen Erika-Büschel und fertig ist die erste Reihe. Nach und nach kommen dann, immer abwechselnd, Buchs-Erika-Buchs dazu, bis genügend Reihen an der Stange sind. Am Ende wieder gut mit Draht verschnüren und mit einem zweiten Nagel fixieren.
Gebunden wird in etwa das obere Fünftel der Palmlatte. Das kommt aber auch auf den Geschmack und vor allem auf die Statik und das Gewicht der Latte an, schließlich sollte sie ja noch getragen werden können. Je mehr Buschen und damit auch Draht befestigt sind, desto schwerer und kopflastiger wird sie.
Wenn der Kopf der Palmlatte fertig ist, werden der Stiel und die Buschen dann noch mit Krepp-Papier verziert. Bei den Farben gibt es hier keine Vorgaben, Hauptsache schön bunt.
Mein Sohn und ich sind dann schließlich beim Palmsonntags-Umzug in Fulpmes mitgegangen. Vorher haben wir aber noch die süßlich schmeckenden Palmbrezen, die wir frisch beim Bäcker besorgt haben, an unsere Palmlatte gebunden.
Nächstes Jahr sind wir sicher auch wieder mit dabei und dann vielleicht schon mit einer etwas größeren – sprich längeren – Palmlatte.
Holzstange (z.B. einen Besenstiel), Ölzweige, Palmkätzchen, Kranewitten, Hoadach (Erika) und Buchs, Krepp-Papier, kleine Brezen
Das Binden und Tragen der Palmbuschen ist ein alter Osterbrauch am Ostersonntag. Erinnern sollen die Palmbuschen an die Palmzweige, mit denen die Menschen damals Jesus zujubelten und ihn als Retter Israels feierten.
Traditionell werden die Palmbuschen am Samstag vor dem Ostersonntag gebunden.
Nach Palmsonntag wird der Palmbuschen üblicherweise an einem geschützten Ort im Haus aufgehängt oder an der Haustür befestigt, um Haus und Hof zu schützen und zu segnen. Oftmals wird er bis zum nächsten Palmsonntag aufbewahrt und dann durch einen neuen Palmbuschen ersetzt.
In manchen teilen Tirols wird der Palmbusch auch verbrannt. Das passiert traditionell am Aschermittwoch. Die Asche wird dann für das Aschenkreuz verwendet. Wer seinen Palmbuschen nicht in die Kirche bringen kann, verbrennt ihn daheim oder vergräbt ihn im Garten.