Stubaier Metallhandwerk

Tradition | Allgemein
01.05.2024
Erstellt von Renate Sykora

Bereits 1357 ist Chunrad der Smid in einer Urkunde erwähnt, einem Stefan Schmied wurde Mitte des 15. Jhd. ein Siegel mit gekreuztem Hammer und Beil verliehen.

Natürlich war die Landwirtschaft stets von einiger Bedeutung, zuweilen verband einer auch den Beruf des Schmieds mit dem des Bauern – was einige frühe Urkunden bekunden.

Sehr früh lässt sich der Bergbau im Gebiet um Fulpmes belegen. Frühestes Zeugnis ist die Inschrift auf einer alten Schmiede: „Erbaut 1413 von die Bergknappen“. 1468 besitzt Konradt Rontel Schürfrechte nach Gold. Sagen, aber auch Stollen und Urkunden weisen auf Bergbau am Margaretenbach hin. Aus dem 15. und 16. Jhd. ist Eisenerzbau aus der Schlick bekannt.

Die Schmelzhitta, heute ein Gassenname in Fulpmes, bezeichnet wahrscheinlich den alten Schmelzplatz für dieses Erz.

Trotz vielversprechender Funde und mehrmaligen Versuchen, war der Bergbau in Fulpmes nicht sehr erfolgreich. Es liegt zwar nahe, dass das Schmiedehandwerk mit dem Bergbau verknüpft ist, es ist aber anzunehmen, dass die Schmieden aus der Produktion der Bergwerksgeräte hervorgegangen sind.

Die ersten Erzeugnisse sind uns vom genannten Stefan Schmied bekannt, 1491 ist der Messerschmied Adam Holer erwähnt. 1531 liefert ein Ungenannter Messerklingen an König Ferdinand I. Die „Stubayr guet klingen“ lobt auch Georg Rösch in seinem „Landraim“ von 1558.

Ein weiteres wichtiges und technisch anspruchsvolles Stubaier Exportgut des 16. Jhd. waren Uhren für Kirchen- und Stadttürme. 1503 bestellten die Haller eine Uhr aus dem Stubai, 1508 arbeitete ein Stubaier Uhrmacher in Schwaz, was sein Name (Arnold Gruenperger) auf der Rechnung belegt. Eine zweite Uhrmacherfamilie (Benedikt Lener) hatte 1541 eine Werkstatt in Plöven.

Die Steuerkataster von 1635 verzeichnen 17 Schmiede (1675 schon 45), die Hufeisen, Hacken, Messer und Sensen herstellen. Die Rohstoffe kommen aus der Steiermark und aus dem Zillertal, die Erzeugnisse gehen weit hinaus, verliefert durch Wanderhändler – als z.B. ein Georg Tanzer im 17. Jhd. mit acht Zentnern Eisenwaren nach Schaffhausen kommt, wird ihm voll Bewunderung ein Bild an die Wand des Zollhauses gemalt und ihm lebenslange Zollfreiheit gewährt.

Ende des 17. Jhd. lösten Fuhrwerke die Kraxen der Hausierer ab und in den Exportgebieten wurden Niederlassungen errichtet und in Handelskompanien organisiert. Zu den Gründern gehörten die Nachfahren des Messerschmieds und weitgereisten Händlers Michael Holzmeister. Man kann die Produktivität und Expansionskraft der Stubaier Eisenindustrie im 17. und 18. Jhd. nur bestaunen.

Am Handel beteiligten sich auch Miederer, Neustifter und besonders die Telfer, exportiert wurde von England bis nach Russland, von Holland bis Dalmatien, am meisten nach Süddeutschland und in die Schweiz. Das machte aus manchem Stubaier einen weitgereisten Mann und verhalf dem Tal zu Wohlstand und Bildung.

Die Produktion blieb deutlich auf Fulpmes konzentriert: 1840 gibt es 54 Werkstätten in Fulpmes und Medraz, 2 in Schönberg, 3 in Mieders, 5 in Telfes und Plöven , 6 in Neder und Neustift. Unter den Handelskompanien ragt das Handelshaus Volderauer heraus, das unter Michael Pfurtscheller seine größte Blüte erlebte.

Die napoleonischen Kriege und Einschränkungen des Marktes führten zu einer ernsten Krise und  an deren Auflösung die Tatkraft Pfurtschellers wesentlichen Anteil hatte. Zum Aufschwung trug auch die Rückkehr von Tirol zu Österreich 1814 bei, da sich die alten Märkte wieder öffneten und die bayrischen Zunftbeschränkungen aufgehoben wurden. An die Stelle der alten Kompanien traten auswärtige Filialen, an die die Ware versandt und dann weiterverkauft wurde. Die Produktion von Messern aller Art dominierte das Angebot, ergänzt durch Handwerkzeug, Küchengeräte, Bügeleisen, Stiefelzieher, Viehstriegel, Mausefallen und Sonnenuhren aus Messing.

Das Geschick Pfurtschellers führte zu einer Abhängigkeit der Meister beim Ankauf der Rohstoffe, der Niedergang seines Handelshauses unter seinen Erben im 19. Jhd. bedeutete somit für die gesamte Stubaier Eisenindustrie eine schwere Bewährungsprobe. Neue, effektive Produktionsmethoden in Deutschland und Westeuropa, zusammen mit deren Nähe zu den Rohstoffquellen, verschärfte die Konkurrenz für die Stubaier. Schwierigkeiten bei der Eisen- und Kohlebeschaffung bedeuteten zusätzliche Probleme. Eine Wende brachte die Förderung der Innsbrucker Handelskammer, die im Jahre 1897 die Errichtung einer Fachschule für Eisen- und Stahlverarbeitung und die Gründung einer Werkgenossenschaft in die Wege leitete.

Von 1904 an erleichterte die Stubaitalbahn den Warentransport. Heereslieferungen im Ersten Weltkrieg förderten den Aufstieg. Die Wirtschaftsprobleme in der Zwischenkriegszeit wurden vom Zweiten Weltkrieg beendet, wo man wieder der Rüstungsindustrie zulieferte.

In den Nachkriegsjahren musste der Markt neu aufgebaut werden, ab 1950 gelang es wieder zu exportieren.
Die Loslösung vom Schlicker Bach als Energiequelle war einer Umsiedlung förderlich, in den späten sechziger Jahren entstand das Industriegelände zwischen Medraz und Kampl.

Einen bedeutenden Zuwachs innerhalb der Erzeugnisse stellten die Bergsportgeräte dar. Die während des Zweiten Weltkriegs in Fulpmes stationierte Heereshochgebirgsschule ermöglichte rasche Rückmeldungen über die Funktionstüchtigkeit von Eispickeln, Steigeisen, Kletterhämmern und –hacken und Karabinern.

Bei der Weltausstellung 1958 in Brüssel konnte Felix Ralling mit einem neuen Eispickel eine Goldmedaille erringen.

Foto: hermannhuber.de @Archiv Felix Ralling

Die berühmtesten Bergsteiger mit Stubaier Ausrüstung sind der Nanga-Parbat-Bezwinger Hermann Buhl und Reinhold Messner.

Auch sonst hat sich die Produktpalette verändert und wurde laufend erweitert: Halbfertigwaren und Zulieferteile für den Motor- und Fahrzeugbau, Kunststoffspritzgußartikel, Seilklemmen für Skilifte u.v.m.

Wer Urtümliches und wirklich Museales sehen will, kann das Schmiedemuseum in Fulpmes besuchen, zu dem die alte Riedlschmiede in der Fachschulgasse umgestaltet wurde.

Heute werden die Produktionsweisen ständig verbessert und dem modernsten Standard angepasst. Bei einem Exportanteil von über 40 % wird in mehr als 50 Länder in allen Erdteilen geliefert.

Der Werkgenossenschaft, 1960 in „Stubaier Werkzeugindustrie“ umbenannt, traten zuerst nur 30 Meister bei. Der Widerstand des Hauses Pfurtscheller kam 1902 zum Erliegen. Die Genossenschaft bezog das Kranerhaus am Kirchplatz, seit 2003 ist der Sitz im neuen Gebäude in der Dr.-Kofler-Straße 1, wo sich seit 2005 auch das Detailwarengeschäft befindet.

Die genossenschaftliche Organisationsform ermöglicht auch dem kleinsten Meister mit dem verschiedensten Grad an Betriebsausstattung, ein hohes Maß an Entscheidungsspielraum um sich auf dem sonst ungeschützten Weltmarkt zu behaupten.

Die Genossenschaft umfasst zwar die meisten metallverarbeitenden Betriebe in Fulpmes, stets gab es aber auch solche, die einen eigenständigen Weg gehen: Ob mit traditionellen Produkten wie Messern, Kuhschellen, Ofenrohren oder hocheffiziente (!) Gürtelschnallen

Diese florierenden Unternehmen bieten Arbeitsmöglichkeiten für Einheimische und förderten den Zuzug von türkischen und jugoslawischen Gastarbeitern, Bau- und Nebengewerbe, Handels- und Dienstleistungsbetriebe finden vermehrt Betätigungsmöglichkeiten.

So ist die Stubaier Industrie ein Segen für das Tal und ein kräftiges Gegengewicht zur Monokultur Tourismus.

Das Erstaunliche ist die wechselseitige Befruchtung – der gegenseitige Werbeeffekt über den Markennamen „Stubai“ sorgt für zusätzliche Käuferschichten und auch touristisch nutzbaren Attraktionen.

©Fotos: www.stubai.com, www.stubai-sports.com, www.austrialpin.at, TVB Stubai Tirol
Textquellen: Stubai – ein Talbuch von Karlheinz Töchterle (ISBN-13 978-3702216603)

Im Stubai tut sich so einiges

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