An Tag zwei meines Messerschmiedekurses bei Michael Wilberger sind die filmischen Vergleiche weniger geworden und auch mein Mantra verblasste. Der guten Stimmung konnte dies aber nichts anhaben. Lustige Geschichten und Anekdoten verkürzten den Tag und der Stolz am Ende des Kurses war enorm.
Eine Woche nach unserem ersten Teil des Messerschmiedekurses, haben sich Stefan, Florian und ich wieder pünktlich um acht Uhr früh in Michaels Werkstatt ‚Hammer und Amboss‚ in Fulpmes getroffen. „Heute stellen wir unsere Messer fertig. Es wird ein langer Tag mit entscheidenden Arbeitsschritten, die auch schief gehen können. Besonders beim Härten und Ätzen müssen wir sehr gut aufpassen und genau arbeiten“, wie Michael uns zu Beginn des Tages, bei einem heißen Becher Kaffee vorausschauend schon mal erklärte. Der Messerschmiedekurs sollte schließlich damit enden, dass wir einen Griff aus Holz anbringen und den wahrlich letzten Schliff dann bei der Schneide des Messers machen. Doch fangen wir da an, wo wir beim letzten Mal aufgehört haben, beim Schleifen.
Mein Messer war noch in der Schleifschablone, so wie ich es am Ende von Tag eins bei Michael hinterlassen habe. Ich machte damit noch ein paar Züge übers Schleifband und war bereit für den nächsten Schritt. Horizontal von oben betrachtet, war die Stärke meines Messers nun oben etwas dicker und lief zur Schneide hin immer spitzer zusammen. So wie es beabsichtigt war. Jetzt galt es das Werkstück mit immer feiner gekörntem Schleifpapier zu polieren. Gleich zu Beginn dieses manuell aufwändigen Prozesses kehrte auch mein Mantra von Tag eins zurück – „90 Prozent Schleifen, 10 Prozent Schmieden, 100 Prozent Handarbeit!“. Allerdings nahm die Häufigkeit, in der es mir in den Sinn kam, ab. Vor allem dank des guten Gesprächsstoffs, den wir hatten.
Während wir die Messer polierten bis kein Querstreifen mehr im Metall zu sehen war, erfuhren wir interessante Anekdoten vom Schmied. Beispielsweise, dass die Idee des Messerschleifkurses ursprünglich von einer Gruppe aus Freunden und Verwandten stammt. Die treffen sich nach wie vor und schmieden immer weiter Messer in den unterschiedlichsten Größen und Formen. Einer hat sich sogar schon fast ein ganzes Messer-Set selber gemacht. Michael hingegen verwendet eigentlich nur ein Jausen-Messer regelmäßig. Der Rest liegt in seiner Werkstatt herum.
Bevor wir am Nachmittag dann zur spannendsten Phase des zweiten Workshop-Tages, dem Härten des Messers, übergingen, mussten noch die Löcher für die Griffe in das Metall gebohrt werden. „Da könnt ihr euch überlegen, ob ihr drei Bohrungen oder nur zwei haben möchtet und mit welchen Nieten ihr sie versehen wollt. Das überlasse ich ganz eurer Kreativität“, sagte der Schmied. Ich habe mich für drei Löcher entschieden, die ich dann später mit zwei silbernen und einer goldenen Niete ausgefüllt habe.
Beim Härten wird das Messer zuerst für zirka zehn Minuten in einen 850 Grad Celsius heißen Ofen gegeben und dann in einem Bad aus Maschinenöl abgekühlt. Als unsere Messer im Ofen „gebacken“ wurden, folgten wir Michaels Erklärungen aufmerksam. „Beim Härten vom Messer müsst ihr sehr gut aufpassen. Das Metall ist in dieser Zeit sehr spröde und kann dadurch sehr leicht zerspringen. Dann wäre all die Arbeit umsonst gewesen und man muss von ganz vorne anfangen“, warnte uns unser Meister.
An dieser Stelle sei auch verraten, dass ein zersprungenes Messer oder Schwert nicht einfach wieder zusammengeschweißt werden kann, wie in den „Herr der Ringe“-Filmen.
„Beim Abschrecken im Ölbad das Messer immer vertikal halten und schön langsam nach vorne und nach hinten bewegen. Nur nicht zur Seite schwenken, denn dann könnte sich das Metall verbiegen“, wurden wir weiter aufgeklärt.
Schön vorsichtig und darauf bedacht alles Arbeitsschritte genau einzuhalten, haben wir das Härten schlussendlich ohne Zwischenfälle gemeistert und die Messer als Nächstes zum sogenannten „Anlassen“ für eine halbe Stunde in einem „kühleren“ Ofen gelagert. Das ist wichtig, um das Gefüge der Kohlenstoff-Atome im Metall wieder so anzuordnen, dass das Werkstück seine Festigkeit erhält.
Während die Messer also im Ofen „backten“ haben wir die Umrisse unsere Griffschalen auf die selbstgewählten Hölzer übertragen. Da haben wir dann auch erfahren, dass übrigens noch keine Frau Michael’s Schmiedekurs besucht hat. Warum, konnte er auch nicht sagen.
Für meinen Griff habe ich Holz einer alten Föhre genommen, die mal im Garten meines Elternhauses gestanden ist. Das war im Nachhinein gesehen wahrscheinlich nicht die beste Wahl, da diese Holzart eher weich ist. Besser geeignet sind Harthölzer wie Nuss oder Kirsche. Stefan und Florian, meine Messerschmied-Kollegen, haben sich für solche entschieden.
30 Minuten später konnten die ausgebackenen Messer wieder sorgfältig per Hand geschliffen werden. Immer besser kamen die Damast-Muster zur Geltung und waren auch ohne schrägen Lichteinfall gut erkennbar. So richtig schön wurden sie dann aber erst beim Ätzen – dem nächsten Arbeitsschritt. Dafür tauchten wir die Werkstücke für 15 Minuten in Eisenchlorid. „Das hebt die Maserung der Damastmesser so richtig schön hervor. Ich habe lange nach dem richtigen Mittel gesucht, das mir beim Ätzen hilft. Es geht auch mit Salpetersäure oder sogar Kaffee. Aber dann muss man den Stahl sehr lange in der Lösung lassen, einen ganzen Tag“, erzählte Michael während wir die Säure mit Eisenchlorid, Natron und Wasser wieder abschrubbten.
Am späten Nachmittag folgten die finalen Schritte. Alle Teile fanden zueinander. Die Griffschalen aus Holz wurden aufgeklebt, vernietetet und abgschliffen, bis das fast fertige Messer gut in der Hand lag. Dann der Feinschliff, wo Profi Michael uns Gottseidank zur Seite stand, denn auch hier könnte noch ein grober „Schnitzer“ passieren und alles umsonst gewesen sein. Die letzten Arbeiten überließ er aber dann doch wieder uns. Schneidflächen schleifen und Polieren, letzten Schliff mit Diamantscheiben (grob, fein, sehr fein) und Diamant-Paste vornehmen, Messer mit Leinöl einölen, FERTIG!
Drei neue Damastmesser wurden bei Hammer und Amboss in Fulpmes geschmiedet!
Die neuen Besitzer haben ihre Werkstücke noch stolz abfotografiert und den mehr als 20 Stunden-Workshop mit einer Runde Bier begossen.
Ich habe zwar noch kein Haus gebaut, keinen Baum gepflanzt, aber ich habe selber ein Messer aus Damszenerstahl geschmiedet.
Ob das zu den traditionellen Lebenszielen eines Mannes beiträgt, kann ich nicht beurteilen. Ich kann aber nur jedem UND JEDER empfehlen mal einen Messerschmiedekurs bei Hammer und Amboss zu belegen.