Leo, du bist im Stubaital aufgewachsen und hast den Einzug des Wintersports hautnah miterlebt. Wann ist man denn draufgekommen, dass es sich im Stubaital wunderbar Skifahren lässt und wie hat es dann damals angefangen?
In den frühen 50er Jahren war ich ja schon in Kitzbühel, am Arlberg und in der Schweiz als Skilehrer tätig und da habe ich mich immer gefragt warum es denn in meinem Heimatort Neustift nicht auch möglich sein soll einen Skibetrieb zu starten und Gästen Skifahren beizubringen. So gegen 1957/1958 habe ich dann um eine Bewilligung für eine Skischule in Neustift angesucht und auch bekommen. Einen ersten Lift gab es schon. Es war ein ganz einfacher STEMAG-Lift, der die Leute mit nur einem einzigen Bügel hinauf befördert hat. Gestanden ist er im Dorf zwischen dem Sonnhof und dem Bacherhof. Zehn Neustifter haben ihn gebaut und waren daran beteiligt. An diesem Lift habe ich dann angefangen den Leuten das Skifahren beizubringen. Im Lauf der nächsten zwei Wintersaisonen sind dann immer mehr gekommen. So viele, dass der eine Lift für die ganzen Gäste klarerweise zu langsam war und zu wenig Fahrten zuließ. Daraufhin habe ich die zehn Besitzer gefragt ob es denn nicht besser wäre einen Umlauf-Lift zu bauen, der auch mehr Personen transportieren kann. Jung wie ich war, haben sie mich belächelt und gesagt sie würden mir den Lift verkaufen. Dann kann ich selber einen Neuen bauen. Das habe ich mir nicht zweimal sagen lassen und das Angebot sofort angenommen. Acht Besitzer haben mir ihre Anteile daraufhin geschenkt und zwei haben mir ihre Anteile verkauft. Den alten STEMAG-Lift habe ich nach Gschnitz verkauft und in Sterzing habe ich einen Tellerlift bei Leitner bestellt, der dann ab Anfang der 60er Jahre in Betrieb gegangen ist.
Woher sind dann die ersten Gäste gekommen und wo sind die untergebracht worden?
Angefangen habe ich mit zwei Skilehrern und die hatten jede Menge zu tun. Wir mussten neben den Kursen ja auch die Ausrüstung zur Verfügung stellen und verleihen: Ski, Schuhe, Stöcke, usw. Mir waren das aber immer noch zu wenig Besucher und so habe ich mit allen Mitteln versucht neue Gäste ins Tal zu bringen. Mir ist es dann gelungen, dass sehr viele französische, englische, deutsche und schwedische Reisegruppen nach Neustift gekommen sind und hier die ersten Skiausflüge gemacht haben.
Damals gab es nur drei Häuser, die Zentralheizung und fließendes Wasser anbieten konnten. Sie haben die Gäste wohlwollend aufgenommen, dafür bin ich ihnen heute noch dankbar. Im Lauf der Jahre haben dann immer mehr Häuser ihre Standards erhöht und dadurch sind nicht nur mehr Gäste aus aller Welt gekommen, es sind auch Angestellte aus allen Teilen Österreichs zu uns nach Neustift gezogen. Es wurde stets lebendiger im Tal und der Tourismus begann zu florieren.
Dann ist der eine Lift in Neustift aber doch auch zu wenig gewesen, oder nicht?
Ja klar. Es wurden auch gleich noch zusätzliche Lifte gebaut: Der Lehner-Lift in Neustift – dort wo heute der Winterpark Lehner steht – ein Lift im Neustifter Ortsteil Milders und einer im Ortsteil Neder. Außerdem habe ich, gemeinsam mit meinem sehr engagierten Kollegen Helmut Leitner, begonnen, Geld für den Bau des Elferlifts zu sammeln. Sogar Ski-Stammgäste aus Deutschland haben uns unterstützt und Anteile gekauft. Erwähnenswert sind an dieser Stelle Georg Engelhard und Erich Waltz aus Karlsruhe, Walter Friedmann aus Baden Baden, Günther Kadel und Kurt Lotz. Einige dieser Herren sind auch Mitglieder des Proponentenkomitees der Hochstubai-Liftanlagen-GmbH gewesen. Vor über 50 Jahren, 1963, wurde dann schließlich der Einser-Sessellift von der Firma Wopfner auf den Elfer eröffnet.
Wie ist es dann mit der Skischule weitergegangen, jetzt da viel mehr Pisten und Lifte zur Verfügung gestanden sind?
Mit der Skischule ist es im wahrsten Sinne des Wortes bergauf gegangen. Anfangs als Skischule Neustift gegründet wurde sie dann, nach dem Bau des Elferlifts, in die Skischule Neustift Hochstubai umgetauft. Wir haben drei Sammelplätze gehabt: einen in Neustift Dorf, einen in Neder und einen in Milders. Dort sind auch immer die ersten Skiversuche abgehalten worden. Erst wenn sich die Schüler auf diesen Strecken geschickt angestellt haben ist man auf den Elfer – oder später dann auf den Gletscher – gegangen. Wie schon gesagt, die Skischule hat sich prächtig entwickelt. Angefangen habe ich mit zwei Teilzeit-Skilehrern und zum Schluss waren es dann zwischen 70 und 80 Lehrer, die ich beschäftigt habe.
In all den Jahren hast du doch sicherlich auch einiges erlebt und mitgemacht. Was ist dir denn besonders in Erinnerung geblieben?
Definitiv die Hausfrauenkurse, die ich ins Leben gerufen habe. Die Idee war den einheimischen Frauen das Skifahren beizubringen, sie nebenbei aber auch mit den zugezogenen Frauen in Kontakt zu bringen, ein gutes Verhältnis untereinander aufzubauen und neue Bekanntschaften oder sogar Freundschaften entstehen zu lassen.
Beim ersten Mal habe ich eine kleine Gruppe unterrichtet und zwei Damen haben – etwas versteckt – neugierig zugeschaut. Sie dachten ich würde sie nicht sehen, bin dann aber direkt auf sie zugegangen und habe sie eingeladen mit zu machen. So habe ich also mit sieben Hausfrauen angefangen und ab da sind es dann von Kurs zu Kurs und von Jahr zu Jahr immer mehr Teilnehmerinnen geworden. Es war ein toller Erfolg und es gab viele schöne Erlebnisse in dieser Zeit. Die Hausfrauenkurse gibt es übrigens heute noch.
Danke für das interessante Gespräch Leo.
Zur Person Leo Pfurtscheller:
Der 1932 geborene Leo ist als eines von elf Kindern im Stubaital groß gezogen worden. Im Laufe seines Lebens ist er als Skilehrer und Betreuer des österreichischen Ski-Teams in den verschiedensten Skigebieten auf der ganzen Welt unterwegs gewesen, hat als Gastronom ein Cafe betrieben, das Hotel Jagdhof***** in Neustift gegründet, ist immer leidenschaftlich zur Jagd gegangen und hat drei Landwirtschaftsbetriebe als beherzter Schafbauer betrieben. Wenn er nicht gerade irgendwo unterwegs ist, so kann man ihn immer noch in „seiner Stube“ im Hotel Jagdhof***** bei einer Tasse Kaffee oder einem guten Glas Wein antreffen.